In dieser Woche hat an der Leuphana-Universität Lüneburg der Tag der Fakultät Management und Technologie stattgefunden. Die Universität ist für die Stadt eine große Bereicherung – erst vor Kurzem wurde sie mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Als Umweltpolitiker und Abgeordneten der Region freut mich das natürlich besonders.
Auch die Fakultät Management und Technologie ist einzigartig in Deutschland: Sie integriert seit ihrer Neugründung 2022 vier wissenschaftliche Disziplinen. Damit ist sie Vorreiter der Transformation. Ich bin überzeugt, dass diese Art der Zusammenarbeit die Zukunft ist. In meiner Arbeit im Bundestag erlebe ich jeden Tag, dass es das Fachwissen verschiedener Ressorts braucht, um gute, nachhaltige Gesetze zu schaffen.
“Wissenschaft sucht nach Wahrheit, während Politik nach Mehrheiten sucht” – das hat der Nachhaltigkeitsforscher Kai Niebert vor einigen Monaten im Gespräch mit der ZEIT gesagt.
Wissenschaftliche Erkenntnisse wirken sich auf das Leben der Bevölkerung aus
Dass wissenschaftliche Beratung für die Politik unverzichtbar ist, hat uns in den vergangenen Jahren ganz besonders die Corona-Pandemie vor Augen geführt. Ohne das Expert*innenwissen aus der Forschung hätte sie noch viel schlimmere Konsequenzen gehabt, das ist sicher.
Die Pandemie hat die wissenschaftliche Politikberatung auch überhaupt erst in der breiten Bevölkerung sichtbar gemacht. Dazu haben die regelmäßigen Pressekonferenzen und öffentlichen Statements verschiedener wissenschaftlicher Akteure beigetragen. Das hat auch verdeutlicht, wie eng die sich immer wieder erneuernden Erkenntnisse und deren reale Auswirkungen auf das Leben der Bürger*innen verknüpft sind.
Wir brauchen die Arbeit der Wissenschaftler*innen, um politische Vorhaben im Gesetzgebungsprozess auf dem aktuellen Stand der Forschung gestalten zu können. Oft fungiert die Wissenschaft hierbei als eine Art Frühwarnsystem. In der Politik können wir wissenschaftliche Erkenntnisse aber nicht 1:1 umsetzen. Es gilt vielmehr, eine realistische Lösung im Sinne der verschiedenen Interessengemeinschaften zu finden. Denn es kommen oft rechtliche, ethische, soziale und natürlich auch wirtschaftliche Fragen mit ins Spiel.
Forschung sichert Legitimität politischer Entscheidungen
Nehmen wir das Thema Nachhaltigkeit: Wir müssen die Transformation interdisziplinär begreifen. Das ist wichtig, in einer Zeit, in der die Transformation unserer Energieversorgung und unserer Wirtschaft hin zur Emissionsfreiheit tatsächlich Realität wird. In Gesprächen mit Bürger*innen merke ich immer wieder, wie dieser Wandel auch zu Sorgen und Abwehrhaltungen führt.
Hier sind meine Kolleg*innen und ich in der Politik gefordert. Wir müssen besser werden im Erklären und die Menschen mitnehmen auf dem Pfad der Veränderung. Zentral ist es dabei zu erklären, dass nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Interesse jedes und jeder Einzelnen sind.
Wissenschaft muss nicht politisch sein, sie zeigt die Fakten auf, gibt Hinweise, spricht Warnungen aus. Wissenschaft trägt zu einer evidenzbasierten Politik bei. Wie die Friedrich-Ebert-Stiftung festgestellt hat, genießt die Wissenschaft im Vergleich zu Medien oder politischen Institutionen aber auch ein größeres Vertrauen in der Bevölkerung. Wenn wir in der Politik also ihre Expertise in unsere Gesetzgebung einfließen lassen, sichern wir damit auch die Legitimität politischer Entscheidungen.
Wissenschaftliche Politikberatung für eine starke Demokratie
Wissenschaftliche Politikberatung muss unabhängig sein, denn nur dadurch wird ihre Glaubwürdigkeit erhalten. Das bedeutet für uns Politiker*innen, auch mal unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren und in die eigene Arbeit aufzunehmen.
Mit der Klimakrise haben wir eine enorm große Herausforderung zu bewältigen, bei der ich mir persönlich mehr Tempo wünschen würde. Teil des Problems ist, dass Nachhaltigkeit oft nur ein Anhang von Gesetzestexten ist. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele im Gesetzgebungsverfahren muss endlich den Raum bekommen, den sie verdient. Dafür setze ich mich in meiner Arbeit ein und ich bin dankbar, meine Argumente dabei auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen zu können.
Ich bin ein großer Freund der Wissenschaft und bin überzeugt, dass Politik sie braucht. Nicht nur, um sich mit Fachwissen anzureichern, sondern auch um eine starke Demokratie zu schaffen. Denn die Antwort auf von Ideologie getriebene Hetze kann nur evidenzbasierte, transparente und Bürger*innen-nahe Politik sein.